Neulich nach dem Essen……………………..

Gedanken zum Thema Satt sein, satt werden, Nahrung, geistige Nahrung, es satt haben.

Was heißt denn überhaupt satt sein für mich? Ich verstehe darunter das Gefühl zu haben, wenn ich nach dem Essen den Punkt erreicht habe, wo ich nicht zu wenig und nicht zu viel gegessen zu haben. Ich habe keinen Hunger mehr, es passt aber auch nichts mehr rein. Also praktisch die goldene Mitte. Ich habe genug. Und es geht mir mental gut. Bei uns im Sauerland gibt es den Spruch: „Müde und satt, wie schön ist datt.“

Aber kann ich so punktgenau essen? Nein.

Neulich war ich mit meinen Kindern essen. Danach war ich pappsatt. Der Magen war gefüllt, fast schon zu voll. Ich war aber nicht zufrieden satt, sondern es war dieses ätzende Völlegefühl, mit dem ich nicht zufrieden war. Ich hatte zu viel gegessen. Nach ein paar Stunden war das Gefühl wieder weg und ich hatte wieder Hunger.

Wenn ich zufrieden satt gewesen wäre, wäre ich wahrscheinlich ein wenig traurig gewesen, dass das Gefühl nun abklingt.

Und sofort erscheint da der mentale Fragenkatalog: Kann ich zufrieden satt sein? Gibt es beim Sattwerden und-sein auch eine Art Pegelstand? Will ich dieses Gefühl überhaupt beibehalten? Folge ich daraus, dass unzufriedenes Sattsein = Überfressen ist? Will ich das überhaupt oder werde ich dann träge? Was ist mit meinem Sättigungsgefühl? Finde ich das entsprechende Maß oder bin ich maßlos?

Um ein wenig in meinem Leben auszuholen….als ich noch getrunken habe, kannte ich kein Sättigungsgefühl. Ich war maßlos beim Trinken und beim Essen. Wenn ich Alkohol trank, bekam ich tierischen Hunger. Und das jeden Tag. Als ich dann 166 kg wog habe ich jeden Tag ca. 7.300 kcal zu mir genommen. Ich habe alles ich mich reingeschaufelt. Meine Lieblingssendungen waren Kochsendungen, wo ich mir den Appetit herholte.

Das Sättigungsgefühl setzte erst ein, als ich trocken war. 35 kg habe ich im ersten Jahr meiner Trockenheit abgenommen, nur weil ich kein Alkohol mehr trank und dadurch weniger gegessen habe.

Ich habe es nicht gerne satt zu sein, eben wegen dieses Völlegefühls. Meine Eltern haben mir immer wieder diesen Satz gebetmühlenartig vorgehalten, dass es nicht geht sich satt zu essen, weil man dann später aussieht wie eine Tonne. Das habe ich auch so geschafft. Und von dem Satz kann ich heute nur schwer oder gar nicht loslassen. Ich esse meistens bis ich kurz vor dem „Pegel“ stehe. Das hat den Nachteil, dass ich schnell wieder Hunger bekomme.

Ich weiß nicht, ob ich diesen Glaubenssatz jemals wieder aus meinem Kopf herausbekomme. Ich kann zur Zeit damit leben.

Es gibt aber auch eine Richtung, in der ich noch recht hungrig bin und zurzeit auch nicht satt werde. Der Hunger nach der geistigen Nahrung. Momentan verschlinge ich ein Buch nach dem anderen. Keine Groschenromane oder Comics, sondern Bücher über Buddhismus, Spiritualität, Selbstfindung, Gelassenheit etc. Alles Dinge, die mich momentan beschäftigen. Celia hat da echt ein paar gute Tipps auf Lager 😊. Dieser Hunger kann und wird so schnell auch nicht gestillt werden können. Der Vorteil ist, dass ich um die Hüften etc. nicht zunehme. Allerdings nehme ich an Wissen und Weisheit (?) zu, und das ist sicherlich nicht gefährlich, sondern sehr nützlich.

Das ist natürlich etwas, was ich ohne Bedenken die nächsten Jahre praktizieren kann.

Und dann gibt es Tage, an denen ich alles satt habe. Ich finde alles ätzend und zum Kotzen. Ich habe schlechte Laune. Es ist und war genug von allem, von meinem Krebs, vom Büro, von meiner Familie, von den ganzen Umständen, von dem Druck, den ich mir selber aufbaue etc. Ich habe die Faxen dicke, es reicht, es ist genug. Auf solche Dinge habe ich keinen Hunger.

Satt sein, satt werden, nicht satt bekommen oder alles satt haben. Das Wort „satt“ hat viele Facetten in meinem Leben. Satt heißt für mich genug haben, nicht zu viel und nicht zu wenig. Ich weiß nicht, ich bekomme diese Gratwanderung zwischen zu wenig und zu viel irgendwie nicht hin, gerade was das Essen betrifft. Bei zu viel wird mir schlecht und bei zu wenig bekomme ich zu schnell wieder Appetit.

Das hat sich jetzt in fast 54 Jahren so fest in mein Leben angebrannt, dass ich es nicht bei mir herausbekomme. Andererseits: Muss ich das? Will ich das? Ist es nicht doch gut so wie es ist?

Ich kann es nicht beantworten.

Bis später

Bernd

 

Lieber Bernd,

ich greif wieder einmal das raus, was mich "anspringt"…..Glaubenssätze:  Es klingt lustig, wenn du so schreibst, dass deine Eltern dir gebetsmühlenartig vorgehalten haben, dass es nicht geht sich satt zu essen, weil man später aussieht wie eine Tonne und du dann schreibst: das habe ich auch so geschafft. Aber ehrlich gesagt bleibt mir das Lachen im Hals stecken……. Du fragst dich, ob du den Glaubenssatz loskriegst und zweifelst daran……..ich frag dich: warum willst du den Satz behalten? Du hast dir nie erlaubt satt zu sein. Von Allem. Und prüf doch mal, ob es etwas ändert, wenn du dir nun erlaubst, satt zu werden. Mit dem Risiko mehr zu essen, einfach, weil du die Grenze des wohlfühlenden satt seins nie gespürt hast. Wie willst du die kennen?

Wenn du den Satz behalten willst, dann frage ich mal weiter: Warum willst du nie satt werden. Warum suchst du ein neues Thema, bei dem du wohl auch nicht satt werden wirst, denn wer hat schon Antworten auf die großen Fragen des Seins? 

Vielleicht ist das sich nicht satt sein erlauben ein unbewusstes offen halten von Möglichkeiten, dem Gefühl, da geht immer noch was, da muss was gehen, das kann doch nicht alles gewesen sein? Vielleicht ist es ein Weg, ein Versuch Lösungen zu sehen? Und vielleicht hindert einen der Gedanke, wenn ich es gefunden habe, was ist denn dann? Ist dann Stillstand angesagt? Viele halten Probleme offen, denn ein gelöstes Problem macht auch Angst. Was kommt dann? Also halten sie Probleme lieber offen, kämpfen, um des Kampfes willen, sie wollen nie ankommen. Kämpfen ist schöner….aufregender….. da rührt sich was….

Satt sein heißt für dich, wenn ich dich richtig lese, in Balance sein. Ist Balance für dich schön oder langweilig? Das Leben ist ein Auf und Ab. Wer weiß das besser als du. Was ist der Anspruch auf ein Leben ohne Auf und Abs?  Viele spüren sich nur über Auf und Abs und konstruieren sie sich künstlich in das Leben hinein. Bauen eigene Stolperfallen, ich könnte dir da reihenweise Beispiele aus meinem Leben erzählen. Manchmal bin ich nicht fähig, in der Lage, Ruhe und Balance auszuhalten. Ich sage auch gerne, ja, klasse Ziel, aber will ich das, wenn ich parallel eher alles dafür tue, gedanklich oder sonstig, dass eben genau keine Ruhe und Balance in mein Leben kommt?

Du schreibst: ich kann es nicht beantworten. Ich kann das auch nicht. Aber ich denke, ich muss mir klar werden, was ich wirklich will.  Das ist oftmals etwas völlig anderes als ich sage. Ist so. Ich täusche mich da gerne selber, mache mir was vor. Kleb mir ein Ziel auf meine Fahne, hinterfrage es nicht mehr und verpasse den klaren Moment, mich zu fragen, ob es überhaupt zu mir passt.

Was wäre, wenn ich mir erlaube satt zu sein und oder viel "schlimmer" dick zu sein? Wenn ich es mir richtig, richtig erlauben würde? Ohne Vorbehalte, ohne Bedingungen….. Dann könnte ich damit zufrieden sein. Was nicht heißt, ich muss so bleiben. Aber ich glaube, es ist eine Frage des Erlaubens: Was erlaube ich mir? Ich stelle immer wieder fest: ganz schön wenig…….

Satt sein = mir meinen Hunger erlauben, mir das essen erlauben, mir mich erlauben. Und die Themen, warum ich/wir so viel Hunger habe(n), die schaun wir uns demnächst an, oder?

 

herzliche Rückgrüße

Celia

 

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